“Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit”

Egon Erwin Kisch

Aus aktuellem Anlaß: Brecht

Der Gründer des Berliner Ensembles über Aufrufe gegen den Faschismus

„Es kann in einem Aufruf gegen den Faschismus keine Aufrichtigkeit liegen, wenn die gesellschaftlichen Zustände, die ihn mit Naturnotwendigkeit erzeugen, in ihm nicht angetastet werden. Wer den Privatbesitz an Produktionsmitteln nicht preisgeben will, der wird den Faschismus nicht loswerden, sondern ihn brauchen.“

Bertolt Brecht: Schriften zur Politik und Gesellschaft, Band II, Seite 19, Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1968


Unser Bild: Bertolt Brecht und Helene Weigel am 1. Mai 1954 in Berlin
Foto: ADN-Zentralbild, Horst Sturm, Bundesarchiv, Bild 183-24300-0049 /
CC-BY-SA 3.0

Fritze Hitler

40 Jahre Skandal um angebliche Tagebücher: Die Verantwortung soll bei Kujau und Heidemann hängenbleiben

Oben FH, unten AH – Fraktur-Lettern, wie sie Konrad Kujau für seine „Hitler-Tagebücher“ verwendete. Der Schwindel hätte schon deshalb auffallen müssen. Denn Hitler verabscheute Frakturschrift
Quelle: wikimedia commons/ Armin Kübelbeck

Wieder Tamtam um die „Hitler-Tagebücher“, mit denen das Magazin „Stern“ vor 40 Jahren die Geschichte umschreiben wollte. Das Medienhaus Bertelsmann hat angekündigt, die 62 Bände Originalfälschungen des Schlitzohrs Konrad Kujau jetzt an das Bundesarchiv zu geben. Die ARD brachte am Montag (23. April 2023) sogar noch vor 24 Uhr eine „Doku“ zu dem damaligen Skandal. Der Grundtenor, der zum Jubiläum der großen Pleite von 1983 erklingt: Es seien vor allem der Fälscher Kujau (mit Verbindungen die Neonazi-Szene) und der Reporter Gerd Heidemann (mit seinem Faible für Nazikram) gewesen, die geschichtspolitisch aktiv wurden. Es habe sich um „einen dreisten Versuch“ gehandelt, „den brutalen Verbrechen des Nationalsozialismus einen menschlichen Anstrich zu geben, der in den 1980er Jahren in der Gesellschaft auf Resonanz traf“, sagt der jetzige Präsident des Bundesarchivs Michael Hollmann.

Der Medienriese Bertelsmann erscheint nun sogar im Glanze sorgsamer Übernahme von Verantwortung. „Der ´Stern´ gehört inzwischen (Hervorhebung d. Red.) zum Firmenportfolio“ von Bertelsmann, wußte in diesem Zusammenhang der Norddeutsche Rundfunk zu berichten, so als wäre es nicht ein leichtes herauszufinden, daß zur Zeit des Großskandals 74,9 Prozent des „Stern“-Verlages Gruner+Jahr im Besitz von Bertelsmann waren.

Aber davon mal abgesehen: Entscheidend ist, wer damals bereit war, 9,34 Millionen D-Mark für Hitlers öffentlichkeitswirksame Vermenschlichung zu zahlen und den Quark in Millionenauflage unters Volk zu bringen. Wie das Ganze, in dem auch eine ungeheure Komik steckt, bei dem mit einem linksliberalen Image versehenen Wochen-Magazin funktionierte, hat Helmut Dietl in seinem wunderbaren Film „Schtonk“ komödiantisch verdichtet. Zum Schieflachen die Szene, in der die Führer-Fans beim „Stern“ sich selbst zu erklären versuchen, warum auf dem Umschlag der angeblichen Hitler-Tagebücher die Metall-Initialen F und H prangen: Fritze Hitler hat er ja wohl nicht geheißen?, sagt der eine, Führer Hitler? der andere, Führers Hund? ein Dritter. Führer-Hauptquartier!, das ist es, gerettet.

Helmut Dietl blieb damit dicht an den tatsächlichen Vorgängen: Denn der gar nicht so geschickte, aber ziemlich dreiste Fälscher Konrad Kujau, der die „Tagebücher“ auf Kladden aus einem DDR-Konsum verfertigte, besaß in seinem Fundus kein A wie Adolf. Also nahm er ein F. Aber A hin und F her. Eigentlich hätte der Schwindel schon deshalb auffliegen müssen, weil beide Buchstaben in einer Fraktur-Schrift ausgeführt waren. Die nämlich hat Hitler, im Unterschied zu den meisten seiner Mitnazis, verabscheut. Er favorisierte die Antiqua, die lateinische Schrift. Die bei fast allen Völkischen schon damals so beliebte Fraktur sah ausgerechnet Hitler als eine „sogenannte gotische Schrift“ an, die in Wirklichkeit aus „Schwabacher Judenlettern“ bestehe.

Fachhistoriker müßten das wissen. Aber wie den „Stern“-Dioskuren war es schon 1979 dem Stuttgarter Professor Eberhard Jäckel ergangen, später Mitanreger des Holocaust-Denkmals in Berlin. Jäckel wurde damals ein erster Band von Kujaus „Hitler-Tagebüchern“ vorgelegt, den er als „Sensation“ bezeichnete. Im Jahr darauf kam die von Jäckel und Axel Kuhn edierte „Quellen“-Sammlung“ „Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905-1924“ auf den Markt. Die enthielt 694 Schriftstücke. Der „Stern“ veröffentlichte sofort Teile des Buches, darunter ein angeblich von Hitler verfaßtes Gedicht. Doch das war eine Fälschung, wie Jäckel und Kuhn schon 1981 in den „Vierteljahresheften für Zeitgeschichte“ zugaben. Bei weiteren Schriftstücken bestünden „ernsthafte Zweifel“ an der Echtheit. Wie sich später herausstellte, stammten auch sie alle aus Kujaus Werkstatt, 76 an der Zahl. Warum merkte angesichts dieser Vorgeschichte 1983 keiner etwas in Hamburg?

Beim „Stern“ glaubten die Beteiligten an die „Hitler-Tagebücher“, weil sie daran glauben wollten. Ohne Zweifel blätterte es da am linksliberal aufgehellten Firnis des Blattes, was eine dunklere Grundierung durchschimmern ließ. Im übrigen nicht ganz verwunderlich angesichts der Vergangenheit des „Stern“-Chefs Henri Nannen als Nazipropagandist. Aber funktioniert hätte Kujaus Coup nie im Leben, wäre bei seinen Abnehmern nicht so viel Selbstgefälligkeit im Spiel gewesen. Wie läßt Dietl seinen von Götz George gespielten Protagonisten, nachempfunden dem „Tagebuch“-Entdecker Gerd Heidemann, immer wieder sagen? „Hamburg ist ja die deutsche Pressestadt.“

Windiger Robert

Habecks Heizungspläne stellen viele Eigenheimbesitzer vor das Problem, der Sofortenteignung zu entgehen

Strophe zwei von „Der fliegende Robert“. Aus Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter“

Wer sich jetzt als Besitzer eines Eigenheims eine neue Gas- oder Ölheizung einbauen läßt, kann sich des Verständnisses vieler Zeitgenossen sicher sein. Robert Habeck, promovierter Traumtänzer im Ministerrang, hat mit der Ankündigung, die Neuinstallation solcher Heiztechniken schon ab 2024 zu untersagen, voll ins Blaue getroffen und einen wirtschaftlichen Boom ausgelöst, den er um Himmels Willen nicht wollte. Die Betriebe der Branche melden eine stark gestiegene Nachfrage bei Gas- und Ölbrennern. Wer etwas von seinen Ersparnissen retten will, zieht eine neue mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizung dem Einbau einer Wärmepumpe mit deren vergleichsweise enormen Investitionskosten vor. Zumal vollkommen unklar ist, welche Förderungen unter welchen Bedingungen es denn geben soll. Versprechungen des windigen Robert glaubt ohnehin keiner mehr, der sich mal für den Erfüllungsstand bei dessen Zusagen an die Leute vom PCK Schwedt interessiert hat.

Wer über 60 ist, und das sind viele Hausbesitzer, läßt sich auch von Drohungen mit künftig weiter stark steigenden Preisen von Gas und Öl nicht schrecken. Das wird man sehen, wenn es soweit ist. Und wie sich im Vergleich die Preise beim Strom entwickeln, der für den Betrieb der Wärmepumpen nötig ist, muß sich ebenfalls erst zeigen. Daß die Elektroenergie billiger wird, ist nicht anzunehmen, solange Deutschland für die Stabilität der Versorgung Gaskraftwerke braucht, sich aber unter Verletzung der Interessen seiner Bevölkerung von der Versorgung mit preisgünstigem russischem Gas abkoppelt, um sauteures Flüssiggas aus den USA und sonstwoher zu verbrennen. Und solange die Energiebranche, inklusive Wind- und Solarparks, nicht dem Profitinteresse entzogen, also verstaatlicht wird.

Die Frage, die augenblicklich viele bewegt, könnte man so formulieren: Enteignung sofort durch den Zwang zu nicht leistbarer Investition oder Enteignung auf Raten durch politisch initiiertes Steigern der Energiepreise? Mal abgesehen davon, daß die Habeck-Partei für beides steht – die meisten der nicht so reichen Hausbesitzer werden es vorziehen, der ihnen drohenden Sofortenteignung zu entgehen. Denn bei den Investitionssummen, die gerade für den Wechsel zur Wärmepumpe aufgerufen werden, würde vielen nichts anderes übrigbleiben, als ihr Haus zu verkaufen. Vor allem in den ländlichen Gebieten des Ostens kann sich die Lage dramatisch zuspitzen. Nicht nur die sich aufbauende Welle der Altersarmut ist das Problem, sondern auch der Umstand, daß dort gerade jetzt die Heizungen in den Eigenheimen massenhaft die Grenze ihrer technischen Funktionsfähigkeit erreicht haben. Denn vor gut drei Jahrzehnten, nutzten die meisten Eigenheimbesitzer die Chance, ihre alten Schwerkraft- oder Ofenheizungen durch damals modernste Gas- oder Ölheizungen zu ersetzen. Wessen Brennkessel aber jetzt oder bald den Geist aufgibt, der steht vor einem Problem, für dessen Lösung er das Geld nicht hat – von den langen Wartezeiten bei Wärmepumpen, fehlenden Kapazitäten bei den Handwerksbetrieben usw. ganz zu schweigen.

Überprüfung nun möglich

Ermittlungen zum Reichstagsbrand 1933: Am 25. Januar wurden die sterblichen Überreste des Marinus van der Lubbe ausgegraben. Ein Gerichtsmediziner untersucht sie jetzt

Marinus van der Lubbe

Am 25 Januar 2023 ist es endlich geschehen: Auf dem Leipziger Südfriedhof wurden die sterblichen Überreste von Marinus van der Lubbe (1909 bis 1934) ausgegraben, jenes damals jungen Mannes aus Holland, der als Brandstifter des Reichstags 1934 hingerichtet worden ist. Van der Lubbes Knochen wurden Proben entnommen, die jetzt der Leipziger Gerichtsmediziner Carsten Babian untersucht. Vor allem soll geprüft werden, ob sich eine Vergiftung van der Lubbes nachweisen läßt. Im Reichstagsbrandprozeß vor dem Reichsgericht 1933/34 in Leipzig und Berlin war Beobachtern ein fast durchgängich apathisches Verhalten des Holländers aufgefallen. So entstand der Verdacht, van der Lubbe könnte mit dem Essen Scopolamin verabreicht worden sein, ein Wirkstoff, der Apathie-Zustände auszulösen vermag. Die Leipziger Paul-Benndorf-Gesellschaft, die sich um historische Grabanlagen in ihrer Stadt kümmert, hat eine Untersuchung im Einvernehmen mit der Stadt Leipzig jetzt möglich gemacht.

Schon vor mehr als 20 Jahren hatte Otto Prokop (1921 bis 2009), einer der weltweit führenden Rechtsmediziner, im Gespräch mit mir den Nachweis einer Vergiftung für möglich gehalten. Nichts sei sicher, aber man solle es versuchen, sagte Prokop damals.

Über die Exhumierung van der Lubbes konnte als erster der Journalist und Buchautor Uwe Soukup im Wochenblatt „Die Zeit“ berichten. Themen seiner zweiseitigen Darstellung sind die Genese der These vom Alleintäter van der Lubbe (hier klicken, Achtung Bezahlschranke) und die Unmöglichkeit ihrer Wahrhaftigkeit. Dazu hat Soukup jetzt auch ein Buch vorgelegt (hier klicken), das insbesondere an die vor einigen Jahren erschienene Darstellung des New Yorker Historikers Benjamin Carter Hett anknüpft (hier klicken).

Die Theorie von der Alleintäterschaft van der Lubbes bei der Brandstifung im Reichstag am 27. Februar 1933 und mithin der Unschuld der Naziführung hatte der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes (und mutmaßlich auch des britischen Geheimdienstes) Fritz Tobias (1912 bis 2011) quasi in dienstlichem Auftrag in die Welt gesetzt. Sie diente auch dem Schutz von Aktivisten des faschistischen Regimes, die in den Sicherheitsapparaten der Bundesrepublik neue Verwendung fanden. Großflächige Verbreitung fand sie zuerst in einer Serie des Magazins „Der Spiegel“ 1959/60, der 1962 ein Buch folgte. Wissenschaftliche Weihen erhielt sie vom damals aufstrebenden Historiker Hans Mommsen (1930 bis 2015), der im Zusammenspiel mit Tobias eine kritische Untersuchung durch das Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) verhinderte. Tobias erpreßte dabei den damaligen IfZ-Direktor Helmut Krausnick (1905 bis 1990) mit dessen verschwiegener NSDAP-Mitgliedschaft. Er nutzte dazu als Geheimdienstmitarbeiter seinen Zugang zu den ansonsten für Wissenschaft und Medien verschlossenen Akten des US-Documentcenters in Berlin. Mit der Zeit gelang es so, der Alleintäterthese einen Verbindlichkeitsstatus zu verleihen, den zu ignorieren in der westlichen Historikerschaft kaum noch jemand bereit war.

Eine öffentliche Neubewerung einzuleiten, gelang dann um die Jahrtausendwende. Dazu trug maßgeblich ein Text bei, den der Reichstagsbrandforscher Hersch Fischler mit mir als Co-Autor in der Schweizer „Weltwoche“ veröffentlichte (hier klicken) und der dann dem „Spiegel“-Herausgeber Rudolf Augstein (1923 bis 2003) erhebliche Schwierigkeiten bereitete (hier klicken).

Absurdes Ballon-Theater

Hysterie um einen Flugkörper: Wer denkt nicht an Nenas Lied?

Eventuell wird Nenas Lied von den 99 Lufballons und den 99 Düsenfliegern, die auf sie schießen, nebst Erwähnung von 99 Kriegsministern beim Streicheln von Benzinkanistern jetzt wieder die Charts stürmen. Der Song aus dem Jahr 1983 fiel natürlich sehr vielen Leuten ein, nachdem die Medien tagelang genau das getan hatten, was sie sollten, nämlich die Hysterie um einen chinesischen Ballon aufzuschaukeln, der über das Gebiet der Vereinigten Staaten von Amerika flog. Nachdem er lange genug über Land und durch die Fernsehnachrichten geschwebt war, ließ ihn US-Präsident Joe Biden von einem Kampfjet mit einer Rakete zerfetzen. Nenas Lied stammt aus einer Zeit des Kalten Krieges, als die Stationierung von Mittelstreckenraketen beiderseits der Trennlinie der Systeme die Gefahr heraufbeschwor, daß es auch wegen falschen Alarms zu einem heißen Krieg kommen könnte, eben wegen 99 Luftballons.

Das sieht jetzt anders aus. In Washington weiß man genau was man tut, wenn man den Ballonflug zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit der USA aufbläst und angeblich deswegen den Besuch des Außenministers in Peking absagt. Das absurde Ballon-Theater kündigt die direkte militärische Auseinandersetzung der USA mit China an, ist vielleicht sogar schon der Einstieg.

Da die Sängerin Nena in Deutschland nicht mehr als politisch korrekt gilt, weisen wir auf eine Fassung ihres Welterfolgs hin, die von der norwegischen Band „DDR“ stammt: https://www.youtube.com/watch?v=PPUX_Q6oEQ0 Die Combo hat sich leider längst aufgelöst. Ihre Website http://www.ddr-orkester.no existiert aber noch. Die Titel von drei ihrer Platten finden sich auf spotify.

„Tiger“, „Panther“, „Leopard“

Kampfpanzer zu liefern, würde Deutschland zum europäischen Hauptfeind der Nuklearmacht Rußland machen

Gepanzerte Fahrzeuge der Bundeswehr tragen die Namen von räuberischen Tieren – „Marder“, „Puma“, „Leopard“. Wie die von Hitler-Generälen aufgebaute Armee der Bundesrepublik Deutschland geht das auf die Wehrmacht zurück. Die setzte im Spätsommer 1942 die ersten schweren Panzer namens „Tiger“ in der Nähe von Leningrad ein. Dem „Tiger“ folgte im Sommer 1943 bei der Schlacht am Kursker Bogen der mittelschwere Panzer „Panther“. Angeblich hatten beide bessere Kampfeigenschaften als ihre sowjetischen Gegenstücke. Aber die Sowjetunion gewann den Krieg, mit dem sie von den Deutschen überzogen worden war.

„Tiger“-Panzer der Waffen-SS-Division „Das Reich“ in der Schlacht am Kursker Bogen im Sommer 1943
Foto: Bundesarchiv, Bild 101III-Zschaeckel-207-12 / Zschäckel, Friedrich / CC-BY-SA 3.0

Nun soll der „Leopard II“ gegen die russischen Streitkräfte rollen. Das fordert eine große Koalition der Vergeßlichen, bestehend aus wesentlichen Teilen des Karrierepersonals von Grünen, FDP und CDU, öffentlich-rechtlichen wie auch privaten Rundfunk- und Fernsehsendern sowie Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen. Das inländische Dauerfeuer auf Bundeskanzler Olaf Scholz soll eine Lieferung der Raubzeugtechnik an die Ukraine erzwingen. Seine Argument-Munition erhält es zu nicht geringem Teil aus dem Ausland, vor allem Polen, dem Baltikum, den USA.

Man fragt sich: Glauben die Leo-Freunde tatsächlich, was der der Chef des vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte Mark Milley schon länger nicht mehr glaubt, nämlich die Ukraine könnte den Krieg gewinnen? Falls ja – wie stellen sie sich das Ende dieses Krieges und den Weg dahin vor? Soll der „Leopard“ jetzt das leisten, was „Tiger“ und „Panther“ nicht schafften? Als Kriegsgerät aus einem Land, das laut dem Bundesverfassungsgericht als Völkerrechtssubjekt immer noch identisch ist mit dem Deutschen Reich, also dem Agressor von 1941? Glauben sie wirklich, die Nuklearmacht Rußland ließe sich den Sieg von 1945 – der Überfall Deutschlands kostete 27 Millionen Sowjetbürger das Leben – nehmen und Deutschland bliebe ungeschoren?

General Harald Kujat, ehemals höchster Militär der NATO, sagte jüngst in einem Interview für ein Schweizer Magazin, der ausländische Druck zwecks deutscher Lieferungen von Kampfpanzern zeige, „mit welchem Engagement einige Verbündete das Ziel verfolgen, Deutschland gegenüber Rußland besonders zu exponieren“. Wenn wir es richtig verstehen, wollen diese „Verbündeten“, daß Deutschland aus Sicht Moskaus zum Hauptfeind wird, zumindest in Europa. Kommt es zum Schlimmsten, ist Deutschland das erste Ziel für Rußlands Nuklearraketen mittlerer Reichweite, wobei die USA keineswegs den interkontinentalen Nuklearkrieg riskieren müssen. Ihr Territorium kann wie immer ungeschoren bleiben. Geht der Krieg zuende ohne Einsatz nuklearer Waffen, sind die Fäden zwischen Rußland und Deutschland auf Jahrzehnte zerrissen, die geschäftlichen Beziehungen auf lange Sicht zerstört, was die Kosten für das Leben und Wirtschaften zwischen Oder und Rhein, aber auch in anderen Teilen Europas auf Dauer beträchtlich erhöht. Szenario eins heißt Tod und Zerstörung, Szenario zwei Deindustrialisierung und Verarmung.

Kunterbunter Schaum

Im deutschen Männerfußball ist Homosexualität faktisch verboten

Nun macht mal halblang. Die infantile Jallerei um den bösen Infantino und die kunterbunte „Kapitänsbinde“, mit dem die deutschen Auswahlprofis der FIFA und dem gastgebenden Katar bei der Fußball-WM so richtig gezeigt hätten, wo das Hämmerchen hängt, war doch von Beginn an nichts anderes als Schaumschlägerei. Hach, wir sind die Guten, und gut ist, wer gut findet, was wir gut finden. Muß ja nix kosten. 

In der ganzen Nationalmannschaft der BR Dtschl nicht ein bekennender Schwuler. Von der ersten bis zur dritten Bundesliga kein aktiver Profi, der sich zu seiner Homosexualität bekennt, obwohl es rein statistisch dort etliche männerliebende Männer geben muß. Im deutschen Männerfußball ist Homosexualität also faktisch verboten, nicht vom Staat, sondern vom Geldgott höchstpersönlich und direkt und in Stadien, die in allen Farben des Regenbogens leuchten.

Weitblickender Russe

Zum 100. Geburtstag Alexander Sinowjews – ein Interview von 1992

„Die Versuchung ist groß, im Zusammenhang mit Sinowjew Rabelais, Swift, Kafka zu nennen“, schrieb der Pariser „l´Express“, nachdem 1976 im Westen Alexander Sinowjews Buch „Gähnende Höhen“ erschienen war. Der Roman brachte seinem Autor den Ausschluß aus dem Philosophie-Institut der sowjetischen Akademie der Wissenschaften und der Moskauer Universität ein. 1978 dann wurde er, der als einer der bedeutendsten philosophischen Logiker der Gegenwart gilt, aus der Sowjetunion ausgebürgert. Der 1922 Geborene ließ sich daraufhin in München nieder und arbeitete weiter, was das Zeug hielt. Nach Büchern wie „Lichte Zukunft“, „Homo Sovieticus“ und „Kommunismus als Realität“ erschien 1988 „Katastroika. Gorbatschows Potemkinsche Dörfer«, in dem er schlicht fragte: Für welche Schichten der Sowjetbevölkerung ist die „Perestroika“ von Vorteil und für welche ist sie es nicht? Welchen Nutzen bringt das Ganze dem Land? – Die ernüchternden Antworten und Sinowjews vernichtendes Urteil über Gorbatschows Politik wollte in der Medienöffentlichkeit der Bundesrepublik kaum noch jemand hören. Und an eine Veröffentlichung im Land der „Glasnost“ oder in der DDR war nicht einmal zu denken. Erst 1999 kehrte Sinowjew nach Moskau zurück. 2006 isr er dort gestorben. Zum 100. Geburtstag Alexander Sinowjews am 29. Oktober 2022 veröffentliche wir ein 1992 in München geführtes Interview mit ihm (hier klicken). Es enthält Überlegungen zur Zukunft Rußlands, die sich heute bewahrheiten.

Volle Breite

In Neubrandenburg forderten tausende Handwerker und Unternehmer ein Ende der Sanktionen

Alles „Querdenker“? Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) hat die Denunziation gar nicht erst versucht, als er am Donnerstag über die Demonstration von Handwerkern und Unternehmern im Zentrum von Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) berichtete. Es waren nach Polizeiangaben mindestens 2500 Teilnehmer, wahrscheinlich aber wesentlich mehr, während die dpa von lediglich 900 Demonstranten sprach. Der Protest richtete sich gegen die Energiepolitik der Bundesregierung, von der die Leute aus den kleinen und mittleren Betrieben die Grundlagen ihrer Existenz bedroht sehen.

Dem informativen Fernsehbericht des NDR zufolge war in Neubrandenburg das volle Spektrum der Gewerbe vertreten: vom Bäckermeister bis hin zum Vertreter einer Versicherungsagentur. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig fand offenbar kaum Anklang, auch nicht beim NDR-Reporter, der meinte, sie habe „Vorschläge kundgetan, die wir schon kennen – zum Beispiel also den Energiepreisdeckel oder daß wir alle Energie sparen sollen, viel Energie“. Schwesig war eigentlich zum „Wirtschaftsempfang“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Ost-Mecklenburg eingeladen, der nebenan zeitgleich mit geladenem Publikum stattfand.

Die offensichtlich von der Masse der Demonstranten auf dem Neubrandenburger Markt geteilten Forderungen lassen sich nach dem NDR-Bericht so zusammenfassen:

– Verhandlungen mit Rußland zur Beendigung des Ukraine-Krieges
– Schluß mit den Sanktionen gegen Rußland
– Öffnung der Gaspipeline Nordstream 2
– Frieden mit Rußland
– Insolvenzen verhindern
– Existenzen schützen
– planlose Politik beenden
– Neuwahlen
– eine „freie und ehrliche Medienlandschaft“ (Formulierung NDR)

Es ist schon bemerkenswert: Unternehmer und Handwerker geben eine Agenda vor, die eigentlich von einer linken Opposition kommen müßte.


Lagern an der Grenze

Was der Schweiz recht ist, war der BRD mal billig
Wo gibt´s denn sowas? Die Schweiz will ein Endlager für Abfälle aus Kernkraftwerken an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland errichten. Das hat bei der Regierung in Berlin für Aufregung gesorgt. Es ist aber nicht das erste Mal, daß der eine Staat dem Nachbarstaat mit sowas kommt. Erinnern wir uns an die Geschichte des geplanten Endlagers Gorleben, dessen Errichtung sogar bewußt als Provokation einegfädelt worden war. Lesen Sie „In der Steppenrandzone. Wie Gorleben berühmt wurde.“

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